Die Vorgänge in jüngster Zeit vor Lampedusa machen uns als
Hilfsorganisation in einem der Länder, aus denen die Flüchtlinge kommen, das
Herz schwer. Gemeinsam mit unseren Unterstützern stellen wir uns oft die Frage,
was können wir noch tun? Doch für all diejenigen, die bisher noch nicht so viel
Hintergrundwissen über die Situation in den Ländern haben, hier eine kurze
Vorstellung.
Der Drang junger Männer nach Europa auszuwandern ist in
Westafrika so groß, dass es fast so erscheint, als ob es ein Virus ist. Keine
vernünftigen Argumente zählen mehr, die Betroffenen sind emotional und
perspektivisch am Boden. Daher es ist als ob man gegen eine Wand redet, wenn
man versucht sie aufzuhalten.
Ende März letzten Jahres erzählte uns der jüngste Bruder
meines Mannes Habib, dass er mit 4 Freunden nach Europa aufbrechen wolle. Er beschrieb
uns dann die Route, durch welche Länder sie führt etc. Er beendete seine Rede mit
den Worten, dass sein Geld nur bis Niger reichen würde, und ob wir ihm noch
Geld dazu geben würden. Wir versuchten es weiter. Mein Mann bot ihm an Arbeit
für ihn zu finden, für ihn ein Geschäft für Baumaterialien zu eröffnen (er ist
Constructor). Keine Chance, er wollte nach Europa. Wir haben ihm kein Geld
gegeben. Ich hatte immer das Gefühl, wenn wir das tun, ist es als ob wir einen
Selbstmord finanzieren.
Eine Woche später war er weg. Ende Juni erhielten wir dann
die Nachricht, dass Habib tot sei. Die 5 Freunde sind auf dem Weg nach
Lampedusa getrennt worden. Das Boot der anderen 4 hätte es geschafft, sein Boot
ist gekentert. Allahu akbar, er war erst 30 Jahre alt.
Er sah für sich einfach keinen Ausweg mehr. Sein Vater tot,
seine Mutter sehr arm, keine kontinuierliche Arbeit, kein Kapital, um eine kleine
Baufirma zu gründen, an Heirat nicht zu denken, da die Brauteltern traditionell
Unsummen verlangen. Schade, er war ein guter Junge.
Doch so ist die Situation in den Ländern der Auswanderer. Ein
sehr großer Prozentsatz der Bevölkerung ist von Sponsoren aus Übersee abhängig,
sei es von NGOs, die Schulgelder bezahlen, Brunnen bauen, andere Bautätigkeiten
oder die medizinische Versorgung übernehmen etc. oder von Verwandten, die es
nach Europa geschafft haben. In einer Schulklasse mit 50-60 Schülern können in
der Regel nur 6 die Schulgebühren aus eigener Kraft bezahlen. Doch jeder weiß,
dass die Abhängigkeit von Sponsoren Gefahren birgt, bricht die Hilfe weg, ist
das Desaster perfekt, besser ist da noch die Hilfe zur Selbsthilfe. Das
wiederum ist ein enormer Verwaltungsaufwand, weil es beobachtet und betreut
werden muss.
Unsere Arbeit in unserer Hilfsorganisation setzt genau da
an. Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe und haben zu diesem Zweck unter anderem
ein Fischerboot gebaut, um 6 Fischern Arbeit zu geben und die Bevölkerung mit
Fisch zu versorgen. Doch wir haben die Rechnung nicht mir den Politikern
gemacht. Die Absicht war gut, doch nun kann ich dazu nur sagen, die Situation ist
besorgniserregend. Senegal hat seine Fischereirechte verkauft und erlaubt den
einheimischen Fischern nur in einer Zone von zwei Seemeilen zu fischen. Dort
dürfen die großen Fischerboote der Japaner und Europäer nicht eindringen.
Nachts tun sie es aber doch, und so hat Senegal keine Fische mehr für die
eigene Bevölkerung. Was tun die Fischer also, sie kommen nach Gambia. Gambia
ist das kleinste Land auf dem afrikanischen Kontinent mit einer sehr schmalen
Küste am Atlantik. Dort gibt es nun mittlerweile mehr senegalesische Fischer
als gambische. Den täglichen Fang bringen sie dann per Auto nach Senegal, und
so fehlt den Gambiern wiederum ihr größter Eiweißträger Fisch.
Ein anderes Problem ist wie überall die Landflucht. Die
Jungen und Mädchen wollen aus den Dörfern in die Nähe der Hauptstadt, keiner
möchte mehr Landwirtschaft machen. Am liebsten möchten alle in einer Bank
arbeiten mit Anzug und Kravatte oder Politiker sein. So sind die Commerce- und
Arts-Klassen der Ober-Schulen entsprechend voll. 60-70 Schüler in einer Klasse.
In den Scienceklassen sind nur knapp 40.
Die ständig steigenden Preise durch die Inflation und die
fehlende Preiskontrolle machen das Leben bei einem durchschnittlichen Monats-Einkommen
von 30€ für einen Arbeiter und 60€ für einen Lehrer auch nicht einfacher. Die
genauen Lebenshaltungskosten können in einem Blogeintrag auf unserem Blog
help-the-poor-needy.blogspot.com nachgelesen werden. Nur so viel in Sachen
Preis: ein Kilogramm Fleisch kostet 5€, 3 mittelgroße Fische 1€.
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Wir brauchen Hilfe, um hier das größte Elend aufzufangen.
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